Tidofeld virtuell: Corona verbannt Sonderausstellung ins Internet - Zahlreiche neue Exponate
In diesem Frühjahr jährte sich die Gründung des ehemaligen Vertriebenenlagers Tidofeld zum 75. Mal. Aus diesem Anlass hatte die Dokumentations- und Begegnungsstätte die Sonderausstellung „Es war Heimat für mich“ vorbereitet. Als sich abzeichnete, dass die wegen der Corona-Beschränkungen nicht wie geplant durchgeführt werden konnte, tat sich das Team um ihren pädagogischen Leiter Lennart Bohne mit Günter Wrobel vom Norder Medienzentrum zusammen, um eine Online-Präsentation zu erarbeiten.
Selbst wenn Besuche vor Ort inzwischen wieder möglich sind, lohnt sich der Blick ins Internet trotzdem allemal. Einerseits gewährt er einen sehr umfassenden Einblick in die Geschichte des Lagers. Anderseits haben die Recherchen viele neue Erkenntnisse und auch einige bisher unbekannte historische Dokumente zutage gefördert.
Die Ausstellung gliedert sich in vier Schwerpunkte. Ein Kapitel beschäftigt sich mit der Zeit vor 1946. Ende der 1930er Jahre enteigneten die Nationalsozialisten das im Besitz der Familie zu Inn- und Knyphausen befindliche Terrain, um dort ein Durchgangs- und Ausbildungslager zur Koordinierung von Truppenbewegungen einzurichten. Was für weite Kreise das gezogen hat, verdeutlicht eine neu hinzugekommene Bilderserie. Sie zeigt einen aufwändig inszenierten Parademarsch, mit dem im August 1943 die Vereidigung niederländischer Soldaten groß gefeiert wurde.
Anfang Mai 1945 übernahmen die britisch-kanadischen Alliierten dann das Kommando und funktionierten Tidofeld in ein Entlassungslager für deutsche Kriegsgefangene um. Während dieser Zeit entstand das vermutlich erste Kinderbuch der deutschen Nachkriegsära. Werner Klemke, der später als Grafiker und Illustrator in der DDR Karriere machen sollte, produzierte während seiner Internierung im Sommer 1945 in der Lithographie-Werkstatt per Steindruck 15 Exemplare der Geschichte von den Bremer Stadtmusikanten. Eines davon gehört zum Bestand der Dokumentationsstätte und kann jetzt auch im Netz virtuell durchblättert werden.
Zweites Schwerpunktthema der Ausstellung ist die Vertreibung der Menschen aus den Ostgebieten und deren Ankunft in Tidofeld. Die ersten Flüchtlinge trafen bereits im Herbst 1944 in Ostfriesland ein. Sie sollten mit dafür sorgen, dass allein Nordens Bevölkerung von knapp 12.500 in den Jahren 1937 bis 1947 auf über 18.000 wuchs. Eine Einquartierung in Privathaushalte, wie sie die Alliierten ursprünglich vorhatten, war auf die Dauer nicht realisierbar. Notgedrungen mussten alle zur Verfügung stehenden Gebäude wie Schuppen, Keller, Nissenhütten, Stallungen oder Baracken zu primitiven Behelfsheimen umfunktioniert werden.