Stephan Achtermann plädiert noch einmal für ein offenes, alle einladendes Gemeindeleben
„Standing Ovations“ im Abschieds-Gottesdienst für Stefan Achtermann: Als die letzten Bilder einer beeindruckenden Foto-Präsentation von der Wand der Berumerfehner Kirche verschwanden, erhoben sich die Gemeindeglieder und spendeten spontan lang anhaltenden Applaus. Einer von vielen bewegenden Momenten: 12 Jahre lang hatte der beliebte Geistliche die Geschicke seiner Gemeinde geleitet, Glaubenskurse und Freizeiten durchgeführt, ein Leitbild entwickelt und den Gemeindeaufbau erfolgreich vorangetrieben – die gut besetzte Kirche dankte es ihm an diesem Sonntag mehr als einmal in großer Herzlichkeit.
Die Foto-Präsentation (Niklas Leiber) war eine der gelungenen Überraschungen dieses Nachmittags. Schon die Eröffnung durch Ingo Valentin verblüffte mit Frank Sinatras "I did it my way" ("ich hab es auf meine Weise gemacht", wie Pastor Achtermann bei seiner launigen Begrüßung betonte). Und dann das Lied des Kindergottesdienstes! Es zeigte gleich zu Beginn einen der besonderen Schwerpunkte des Gemeindelebens auf, beteiligten sich doch erstaunlich viele Kinder und ihre Teamer. Als knüpfe er daran an, griff der stellvertretende Kirchenvorstands-Vositzende Gerhard Schäfer gegen Ende des Gottesdienstes in eine kleine Schultüte, um dem scheidenden Pastor auf dem Weg ins Schulpfarramt an der IGS Marienhafe symbolträchtige Geschenke mitzugeben. Für häufige Kirchgänger eher wenig überraschend: die abwechslungsreiche Musik, die – typisch für Berumerfehn – von einer Band begleitet, aber auch durch den immer noch recht neuen, großen Gemeindechor „Kreuz und Quer“ vorgetragen wurde: mitreißend! Selbstverständlich erklang viel Lobpreis auf Deutsch und Englisch, aber auch der bekannte Choral „Bei dir, Jesu, will ich bleiben“, der Pastor Achtermann zu seinem Statement veranlasste, diese Beziehung sei für ihn wie für die Gemeinde die Konstante im Wechsel der Zeiten.
Überhaupt die Gemeinde: die bleibe, auch wenn der Pastor die Stelle wechselt. Wie lieb Stephan Achtermann „seine“ Berumerfehner in den 12 Jahren gewonnen hat, sprach aus jeder Zeile seiner Abschiedspredigt. Dabei legte der Geistliche einmal mehr alles Gewicht auf das Miteinander von Pastor und Gemeindegliedern, bei dem es kein Oben und Unten gebe. Höchste Wertschätzung gelte den Ehrenamtlichen, ohne die keine christliche Gemeinde existieren könne. Achtermann erinnerte aber auch daran, dass es langjährigen Insidern des Gemeindelebens nicht ansteht, von oben herab auf jene zu schauen, die vermeintlich noch weit entfernt vom Glauben sind. Am besten möge man sich völlig vom Begriff der „Frommen“ verabschieden, so sein Ratschlag: Geistliche Überheblichkeit sei ein böser Feind missionarischer Bemühungen. Sein Plädoyer für ein offenes, einladendes Gemeindeleben ohne irgendwelche Vorbehalte stützte sich auf ein Bibelwort aus dem 2. Korintherbrief: „... nicht dass wir Herren wären über euren Glauben, sondern wir sind Gehilfen eurer Freude; denn ihr steht im Glauben!“
Eben diese Einstellung hatte Stephan Achtermann als „Pastor für alle Berumerfehner“ von Anfang an gepredigt und vorgelebt, wie Superintendent Dr. Helmut Kirschstein dankbar in seiner Ansprache festhielt. Er erinnerte an Zerrissenheit und Parteiungen innerhalb der Gemeinde, die Pastor Achtermann seinerzeit vorgefunden und als Last zu schultern hatte. Durch intensive theologische Inputs und große Sensibilität gegenüber den Menschen sei es ihm aber schnell gelungen, die schwierige Situation zu befrieden. Schon bald habe ein „Klima des Aufbruchs, der Gemeinsamkeit und der Zuversicht“ die Gemeinde geprägt. Dazu gehörte auch, dass Stephan Achtermann die Co-Finanzierung der Berumerfehner Pfarrstelle erfolgreich begleiten konnte: Seit 2009 beteiligt sich die Gemeinde an der Zahlung eines Viertel-Anteils nach dem „Norder Modell“. Der Superintendent warb einmal mehr dafür, diesen Beitrag auch weiterhin zu leisten und neue Förderer zu gewinnen, um auch zukünftig eine volle Stelle ausschreiben zu können – die werde angesichts des vielfältigen Gemeindelebens dringend gebraucht.
Wie sehr sich die Gemeinde Berumerfehn innerhalb der letzten Jahre entwickelt hat, zeigt sich an der völlig unproblematischen Besetzung der Haupt-Vakanzvertretung: Solange die Stelle unbesetzt ist, übernimmt Pastorin Heidrun Ott die Verantwortung. Sie ist in Berumerfehn längst keine Unbekannte mehr, wurde herzlich willkommen geheißen und gestaltete in dem abwechslungsreichen Gottesdienst den Schlussteil. Eine Frau auf der Kanzel? Auch in Berumerfehn seit Jahren – fast – eine Selbstverständlichkeit.